Manchmal braucht ein Gespräch ein Jahr, bis die Resonanz stimmt.
Im Café begegnete mir ein Stück Wirklichkeit, das mir zeigte, wie wir heute mit ein ander atmen können.

Ich sitze mit Eduard am Kaffeehaustisch mitten in der Fußgängerzone. Ein italienisches Café ohne Flair.
Zum ersten Mal sitzen wir uns für ein Gespräch gegenüber. Es hat ein Jahr gedauert, bis die Resonanz stimmig war.

„Ich kann nicht allein sein, und in eine Beziehung kann ich auch noch nicht“, sagt er zum Einstieg.
Ich erwidere, dass sich mein „Alleinsein“ in ein „All-Einssein“ gewandelt hat, und dass ich meinen freien Raum für mich liebe.

Er erzählt von seinem Familiennamen, der übersetzt „Kleiner Himmel“ bedeutet.
Es öffnet die Tür, über unser kosmisches Menschsein zu sprechen. Über Resonanzen, Zugehörigkeit, mehr als nur diese Erde.
Eduard verrät, dass er sich gerne Sendungen über Außerirdische und neue Erkenntnisse der Menschheitsgeschichte ansieht.
Dass er sich vom religiösen Narrativ gelöst hat, weil er die Geschichten nicht mehr glauben kann.
Sein Aufrichtig-Sein berührt.

Ich frage nicht, ob er seine Mitgliedschaft gekündigt hat. Ich weiß, dass vielen der Mut fehlt, sich ganz aus der Indoktrination zu lösen.
Ein neues Fundament braucht es, damit etwas Eigenes wachsen kann.

Das Gespräch fließt in feiner Resonanz. Ich freue mich, dass wir so sprechen.
„Mit niemandem rede ich über solche Dinge“, sagt er. „In meinem Freundeskreis gibt es das nicht.“
„Und in deiner Familie?“ frage ich.
„Da werde ich mit meinem Denken belächelt.“

Ich erzähle von Gaia-Sophia, die sich über Milliarden Jahre aus der Galaxie in die Erde transformierte. Von den Gnostikern, die in Nag Hammadi-Schriften davon berichteten. Von ihrer Warnung vor den „Autoritäten“. Von der Freiheit, die jenseits von Gott-Teufel-Dialektik wartet.

Er fragt nach meinem Namen. Ich sage „jóia“. Er will meinen richtigen Namen wissen. Ich bleibe bei „jóia“.
Eine Lebenskünstlerin, denke ich, die Freude und Wahrheit teilt.

Dann eine Wendung: Eduard hat den Stuhl neben sich frei gehalten. Eine Frau kommt, setzt sich. Sie spricht gleich von ihrem Urlaub.
Ich werde nicht vorgestellt. Es ist, als ob ich unsichtbar werde.

Früher hätte es weh getan. Heute atme ich nur.
Ich bleibe.

Später sagt er: „Da vorne, das ist meine Frau.“
„Deine Exfrau“, bemerke ich.
Er erklärt die langen Fristen der Scheidung, wenn eine Partei nicht d’accord ist.
Ich sage zu seiner Freundin: „Was wir der Liebe alles zugemutet haben.“ Sie nickt.

Kurz darauf entscheidet er, mit ihr in ein anderes Café zu gehen.
Sie verabschiedet sich von mir, und stellt sich endlich vor.
Ich gehe heim – mit mir frühstücken.

Es war eine klare Begegnung: Tür auf. Begegnung. Tür zu.
Ein Spiegel, wie jeder mit sich selbst lebt. Wie Anteile unsichtbar bleiben, wenn der Mut fehlt, sich zu zeigen.

Und ich?
Ich genieße mein Frühstück. In Freude, das Muster unmittelbar erkannt zu haben.
Und dass ich jeden in seiner Kreation lassen kann – mich selbst auch.

eine Einladung,
die eigene Wirklichkeit zu erkennen
und in Ruhe zu feiern

 

das Bild ist von Michael Cailloux